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Wintergartenbau

Wintergartenbau: Das Gartenbau.org Experten-Interview

Simone Blaß
Verfasst von Simone Blaß
Zuletzt aktualisiert: 07. Februar 2025
Lesedauer: 9 Minuten
© Gartenbau.org

Im 18. Jahrhundert entstanden in England die ersten luxuriösen Wintergärten, die zunächst dem Adel als geschützte Umgebung für exotische Pflanzen im Winter dienten. Während der viktorianischen Zeit verbreiteten sie sich in ganz Europa und wurden zum Statussymbol wohlhabender Haushalte, die sie zunehmend auch als Wohnräume nutzten. Heute verfügen rund vier Millionen Haushalte in Deutschland über einen Wintergarten, oft als Projekt in der Lebensmitte, um den Wohnkomfort zu erhöhen. Gartenbau.org hat sich mit Franz Wurm unterhalten, dem Vorstand des Wintergarten Fachverbandes e.V. – über ein ehemaliges Prestigeobjekt, das seit den 1980er Jahren immer mehr zur geschätzten Erweiterung des Wohnraums wird.


Wintergarten-Experte und Gründungs- und Vorstandsmitglied im Wintergarten Fachverband e.V. Franz Wurm

ÜBER UNSEREN EXPERTEN

Der Diplomingenieur Franz Wurm ist Gründungs- und Vorstandsmitglied im Wintergarten Fachverband e.V. Der Rosenheimer ist Sachverständiger der Handwerkskammer München und Oberbayern für Glasbauten, Fenster, Wintergärten und Glasfassaden und hat zahlreiche Beiträge in Fachzeitschriften veröffentlich. Sein Ingenieur-, Beratungs- und Planungsbüro widmet sich neben der Umsetzung von Wintergärten auch  der Sanierung mangelhafter Modelle.

» zum Wintergarten Fachverband e.V.


Wenn jemand von einem Wintergarten träumt, welche Aspekte sollte er im Vorfeld sorgfältig bedenken?

Damit das Projekt ein voller Erfolg wird, ist es entscheidend, sich von Anfang an über die gewünschte Nutzung im Klaren zu sein. Das beginnt bereits mit der Ausrichtung: Soll der Wintergarten als gemütliche Bibliothek dienen, kann eine nördliche Lage ideal sein. In den meisten Fällen jedoch empfiehlt sich eine Ausrichtung nach Süden, Osten oder Westen – besonders vorteilhaft ist es, wenn man über Eck baut und so zwei Himmelsrichtungen nutzt.

Ein häufiger Fehler ist, dass viele Menschen das Wort ‚Wintergarten‘ hören und dann von einem Verkäufer einen sogenannten Kaltwintergarten angeboten bekommen – ohne sich bewusst zu sein, dass es sich dabei eigentlich um einen ‚Sommergarten‘ handelt. Diese Variante ist nur mit Einfachverglasung ausgestattet und besitzt keine Wärmedämmung. Das bedeutet, dass er höchstens von Frühling bis Herbst genutzt werden kann, denn eine Beheizung ist ineffizient und energieintensiv.

Ebenso wichtig ist es, sich frühzeitig Gedanken über die Gestaltung des Außenbereichs zu machen. Vielleicht soll in einigen Jahren ein Teich oder eine zusätzliche Terrasse entstehen? Wer solche Erweiterungen von Anfang an mit einplant, kann bereits passende Öffnungen und Übergänge vorsehen – und sich so spätere Anpassungen erleichtern.

Besteht bei einem Kaltwintergarten nicht ein erhöhtes Schimmelrisiko?

Diese Problematik kann insbesondere dann auftreten, wenn ein Kaltwintergarten direkt an eine Küche angeschlossen wird. Die beim Kochen entstehende warme, feuchte Luft trifft auf die kühlen Scheiben des ungeheizten Sommergartens, wo sie kondensiert. Dadurch kann sich Feuchtigkeit stauen, was unter Umständen zu Schimmelbildung führt. Das muss aber nicht zwingend passieren, es hängt maßgeblich vom Lüftungsverhalten des Nutzers ab. Dennoch ist das Risiko hier deutlich höher als bei einem gut gedämmten und beheizten Warmwintergarten mit hochwertigen Fenstern, der direkt in den Wohnraum integriert ist.


Moderne Ansicht eines Einfamilienhauses mit einem Kaltwintergarten aus Glas und Metallrahmen an der Rückseite des Gebäudes. Der Wintergarten ist mit Sitzmöbeln ausgestattet und grenzt an eine Terrasse.

WINTERGARTEN PLANEN

Eine sorgfältige Planung eines Wintergartens ist essenziell, um baurechtliche Vorgaben, Materialwahl, Energiebilanz und Klimasteuerung optimal abzustimmen.
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Bildnachweis: © KangeStudio / istockphoto.com


Wie wichtig ist das Wintergarten-Fundament?

Ein stabiles Fundament ist in jedem Fall unerlässlich – ganz gleich, ob es sich um einen Kalt- oder Warmwintergarten handelt. Geeignet sind beispielsweise ein Streifen- oder Punktfundament, da die gesamte Konstruktion auf festem Boden stehen und sicher verankert sein muss. Andernfalls könnte starker Wind den Wintergarten beschädigen oder sogar versetzen.

Bei einem Wohnwintergarten sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich: Eine solide Bodenplatte trennt das Gebäude nach unten hin ab, während eine effektive Wärmedämmung und eine Feuchtesperre dafür sorgen, dass weder Kälte noch Feuchtigkeit ins Innere dringen. Nur so bleibt der Wintergarten ganzjährig komfortabel und energieeffizient nutzbar.

Oft soll eine bereits vorhandene Terrasse als Standort für einen nachträglich angebauten Wintergärten dienen. Allerdings ist diese in den meisten Fällen als Unterbau nicht geeignet, da sie nicht ausreichend stabil ist. Die Tragfähigkeit muss daher sorgfältig geprüft werden, gleiches gilt für einen Balkon oder ein Garagendach. Bei einem Fundament im Erdreich sind neben der Tragfähigkeit auch die Frostsicherheit und eine fachgerechte Ausführung entscheidend.


Handwerker in reflektierender Arbeitskleidung glättet mit einer Kelle frisch gegossenen Beton für das Fundament eines Wintergartens.

FUNDAMENT WINTERGARTEN

Ein stabiles Fundament sichert die Langlebigkeit eines Wintergartens und schützt vor Schäden, wobei verschiedene Bauweisen und Vorschriften zu beachten sind.
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Bildnachweis: © AHPhotoswpg / istockphoto.com


Bei den Materialien gibt es einiges an Auswahl. Der Wintergarten Fachverband empfiehlt neben Holz und gut gedämmten Alukonstruktionen unter anderem Holz-Metall-Verbindungen als Konstruktionsmaterial. Warum?

Diese Bauweise vereint das Beste aus zwei Welten: Das Holz im Innenraum sorgt für eine warme, wohnliche Atmosphäre und ein angenehmes Raumklima, während die Metallverkleidung außen das Holz vor Witterungseinflüssen schützt. Dadurch bleibt die Konstruktion besonders langlebig, pflegeleicht und widerstandsfähig. Zudem ermöglicht die große Farbauswahl bei den Metallprofilen eine individuelle Gestaltung.

Planung und Genehmigung – wo liegen hier die größten Stolpersteine? Welche Punkte werden oft unterschätzt oder übersehen?

Ein Wintergartenbauer kann einen Wintergarten nicht einfach errichten, ohne zuvor sicherzustellen, dass eine gültige Baugenehmigung vorliegt. Entweder lässt er sich den bereits genehmigten Plan vorlegen oder ist direkt in die Planungs- und Genehmigungsphase eingebunden – alles andere wäre unseriös. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Geschossflächenzahl, da auf jedem Grundstück nur eine bestimmte Fläche bebaut werden darf und Abstandsflächen eingehalten werden müssen. Werden diese Vorschriften missachtet, droht die Ablehnung des Bauantrags. Ohne vorherige Genehmigung kann es sogar zu Bußgeldern und der Forderung nach Rückbau kommen.

Besonders bei Wohnwintergärten, die nahtlos in den Wohnraum übergehen, gelten zudem spezifische Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), beispielsweise hinsichtlich energetischer Kennwerte. Ein erfahrener Fachmann kennt all diese Vorgaben genau und sorgt für eine normgerechte Umsetzung. Er übernimmt die vollständige Eingabeplanung und stellt sicher, dass alle erforderlichen Formulare und Unterlagen beim zuständigen Bauamt eingereicht werden.


Moderner Wintergarten mit großen Glasfenstern und einer geöffneten Tür, die einen hellen und luftigen Raum mit Korbmöbeln und einem Esstisch im Inneren zeigt. Der Wintergarten ist an ein Haus angeschlossen und bietet einen gemütlichen, lichtdurchfluteten Rückzugsort.

WINTERGARTEN BAUGENEHMIGUNG

Vor dem Bau eines Wintergartens ist zu prüfen, ob eine Baugenehmigung erforderlich ist, da dies von den örtlichen Vorschriften und Bauplänen abhängt.
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Bildnachweis: © davidmartyn / istockphoto.com


Mit welchen Kosten muss ich rechnen, wenn ich einen Wintergarten haben möchte?

Ein Wintergarten ist eine Investition, deren Kosten nicht pauschal berechnet werden können. Sie hängen stark von Ihren individuellen Wünschen und Vorstellungen ab. Ein passender Vergleich ist der Autokauf: Sie haben die Wahl zwischen einem preisgünstigeren Modell mit Basis-Ausstattung oder einem luxuriösen Fahrzeug mit modernster Technik – und der Preis variiert entsprechend. Zudem ist ein kleiner Wintergarten nicht zwangsläufig viel günstiger als ein großer, denn während der Materialaufwand mit der Größe steigt, bleibt der Planungsaufwand meist ähnlich. Ich empfehle, sich maximal drei Angebote einzuholen und diese sorgfältig miteinander zu vergleichen.



Wo gibt es Ihrer Ansicht nach die Möglichkeit, zu sparen und an welcher Stelle wäre das die falsche Entscheidung?

Sie müssen bedenken: Ein gut gemachter Wintergarten hält lebenslang. Auf keinen Fall sollten Sie daher an der Konstruktion sparen. Besonders geeignet sind die Werkstoffkombination Holz/Alu sowie thermisch getrenntes Alu, für kleinere Konstruktionen bietet sich auch mal Kunststoff an. Qualität und Hochwertigkeit der Verglasung sind ebenfalls wichtig – gerade, wenn es um das Einsparen von Energie geht. Gleiches gilt für die Belüftung und die Verbindung der einzelnen Elemente ans Haus. Sie können natürlich auch Eigenanteile an der Montage übernehmen, dazu sollten Sie aber sehr fit sein auf diesem Gebiet. Denn stimmen die Abdichtungen zum Boden, zum Dach und zum Gebäude nicht – und hier passieren die meisten Fehler – dann haben Sie definitiv an der falschen Stelle gespart. Wo Sie aber die Möglichkeit haben, Geld zu sparen, ist am Boden und auch bei den Heizungsmöglichkeiten. Beschattung etwa ist ein Punkt, den man zum Beispiel auch später noch problemlos nachrüsten kann. Gleiches gilt für eine hochwertigere Ausstattung oder teure Pflanzen.

Sie müssen bedenken: Ein gut gemachter Wintergarten hält lebenslang. Auf keinen Fall sollten Sie daher an der Konstruktion sparen. Besonders geeignet sind die Werkstoffkombination Holz/ Alu sowie thermisch getrenntes Alu, für kleinere Konstruktionen bietet sich auch mal Kunststoff an. Qualität und Hochwertigkeit der Verglasung sind ebenfalls wichtig – gerade, wenn es um das Einsparen von Energie geht. Gleiches gilt für die Belüftung und die Verbindung der einzelnen Elemente ans Haus. Sie können natürlich auch Eigenanteile an der Montage übernehmen, dazu sollten Sie aber sehr fit sein auf diesem Gebiet. Denn stimmen die Abdichtungen zum Boden, zum Dach und zum Gebäude nicht – und hier passieren die meisten Fehler – dann haben Sie definitiv an der falschen Stelle gespart. Wo Sie aber die Möglichkeit haben, Geld zu sparen, ist am Boden und auch bei den Heizungsmöglichkeiten. Beschattung etwa ist ein Punkt, den man zum Beispiel auch später noch problemlos nachrüsten kann. Gleiches gilt für eine hochwertigere Ausstattung oder teure Pflanzen.

Wohin geht die Wintergartenmode?

Die Messe BAU in München hat gerade erst gezeigt: Spektakuläre Entwicklungen gibt es derzeit nicht. Die Konstruktionen haben sich nur leicht verändert, natürlich gibt es aber immer bessere Verglasungen und Wärmedämmungen. Auch nach Photovoltaik in der Dachkonstruktion wird immer häufiger gefragt. Und je nachdem, wie viel Geld Sie für Ihren Wintergarten ausgeben wollen, gibt es natürlich zahlreiche technische Spielereien wie beheizbare Gläser, Fensterglas mit integriertem Fernseher und alles rund um Smart Home. 

Aber man kann sagen: Früher war vieles verspielter und auch farbiger. Heute bewegen wir uns zwischen weiß und dunkelgrau. Und auch die Pultdachwintergärten sind aus der Mode gekommen. Inzwischen entscheidet man sich immer häufiger für eine Flachdachlösung oder auch ein Gründach, kombiniert mit einer Lichtkuppel, die von oben zusätzliches Licht in den Raum einbringt. Wichtig ist aber natürlich immer: Ein Wintergarten sollte vom Stil her zum Haus passen.



Herr Wurm, verraten Sie uns doch noch zum Schluss: Was war denn Ihr persönlich anspruchsvollstes oder auch ungewöhnlichstes Wintergarten-Projekt?

Das war ein chinesischer Wintergarten im eleganten Pagodenstil, dessen geschwungenes Dach aus edlen Red-Cedar-Holzschindeln gefertigt war und von stilvollen Säulen getragen wurde. Der großzügige, hohe Raum beeindruckte auch im Inneren mit fernöstlichem Flair – etwa durch verschiebbare Papierwände, die für eine harmonische Atmosphäre sorgten. Selbst der umliegende Garten fügte sich perfekt in das stilvolle Gesamtkonzept ein. Ein außergewöhnliches und faszinierendes Projekt!

Über unsere*n Autor*in
Simone Blaß
Simone studierte Germanistik, Psychologie und Soziologie und absolvierte danach ein Volontariat bei einem lokalen Fernsehsender. Nach Zwischenstationen beim Radio und in einer PR-Agentur arbeitete sie viele Jahre als freiberufliche Redakteurin für Online-Portale und Agenturen.